Dienstag, 15 Mai 2012 06:34

Rheinpfalz vom 15.5.2012 (R Henn)

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

Vielversprechende Zukunft

Bestechende Jugend beim Jubiläumskonzert des Kolpingblasorchesters Kaiserslautern in der Fruchthalle

VON REINER HENN

Das Konzert zum 100. Jubiläum des Kolpingblasorchesters Kaiserslautern zeigte am Samstag in der proppenvollen Fruchthalle das „Große Symphonische Blasorchester“ auf dem Zenit seiner  Schaffenskraft. Und präsentierte mit berechtigtem Stolz das vereinseigene Ausbildungssystem, das im Bereich des Laienmusizierwesens wie ein Leuchtturm wirkt.

Hohe künstlerische Qualität und ein zielstrebiges Ausbildungssystem – getragen von Idealisten und Enthusiasten – sind zwar tragende Säulen der Vereinsarbeit; zu würdigen sind aber mindestens genauso der prägende Gemeinschaftsgeist, der das Kolpingwerk im Allgemeinen und dieses Orchester im Besonderen auszeichnet: Das Hinzuziehen von verdienten früheren Dirigenten, die Einladung an den Enkel Bernd des Gründungsvaters
Fritz Schwalbach, all das war mehr als eine schöne Geste: Auch die Auflistung ehemaliger Musiker in der aufwändigen Jubiläumsbroschüre bestätigt diesen Eindruck einer Würdigung von Verdiensten.

Auf den großen festlichen Rahmen war das Hauptorchester bestens vorbereitet, hatte ein Programm zusammengestellt, das Brücken schlagen wollte zwischen den Arbeitsphasen unterschiedlicher Dirigenten. So wurden in der Gründungszeit des Orchesters Tanzbälle mit einer feierlichen Polonaise eröffnet. Durch das Arrangement der aufgeführten Polonaise durch Markus Rebehn schloss sich ein Kreis des Kolpinggedankens: Mit Rebehn bearbeitete ein Musiker das Werk Carl Maria Ziehrers, der im Stadtteil Erfenbach ebenfalls ein Kolpingblasorchester leitet.

Mit dem „Triumph-Marsch“ aus der Oper „Aida“ von Verdi hatte vor allem das tiefe Blech einen schweren konzertanten Brocken zu stemmen, ohne sich allerdings zu verheben. Es stellte sich auf Anhieb jenes gehobene Niveau ein, an das Dirigent Frank Wißmann sein Publikum gewöhnt hat. Klare, sichere musikalische Abläufe zeichneten auch die hohe Spiel- und Klangkultur des Orchesters aus, als die zeitgenössische Ouvertüre „Ross Roy“  von Jacob de Haan den Höhenflug fortsetzte. Auch die Pop-Ballade „Music“ von John Miles mit ihren Takt- und  Tempowechseln war eine große Herausforderung, die sicher bewältigt wurde, wenn auch der lyrische Teil mehr schwelgerische und rhapsodische Intensität vertragen könnte und der Teil im 7/4er Takt mehr Verve.

Aus musikpädagogischer Hinsicht und aus Gründen der Identifikation mit dem Verein war das Mitwirken der Bläserklasse folgerichtig. Zumal Dirigent Andreas Vicinus souverän über kleinere Verlegenheiten hinweghalf
und schließlich doch Edward Elgars Huldigungsmusik „Land of Hope and Glory“ gute Entwicklungsmöglichkeiten
zeigte.

bil_RP

Die eigentliche Entdeckung des Abends war aber das Jugendorchester unter der Stabführung seiner beiden Dirigenten Andreas Vicinus und Richard Tebuckhorst. Leider waren dem blendend aufgelegten, hoch motivierten und sehr konzentrierten Nachwuchsorchester nur zwei Programmpunkte vergönnt: Es wuchs über sich hinaus und schlug mit dem Medley über Welthits von Michael Jackson ein neues Kapitel der Vereinschronik auf: vielversprechend für die Zukunft, beispielhaft in seinem Bereich für die Gegenwart und auf lange Sicht klug  aufgebaut in der Vergangenheit.

Wenn Jugendorchester so gut sind, haben die Hauptorchester ein beneidenswertes Problem: Sie werden herausgefordert und haben es schwer, die Nachrückenden auf Distanz zu halten. Dies gelang dem Symphonischen Blasorchester im zweiten Teil noch besser, als sich die Spannung merklich legte und einer zunehmenden Lockerheit wich. So glitten die Bläser bei dem Waltz aus der Jazz-Suite von Schostakovich locker, leicht und elegant über die melodischen Wogen. Auch beim Potpourri über Höhepunkte aus Webbers Musical "Phantom der Oper“ legten sich weiter Erwartungsdruck und Spannung, machten einer zunehmend farbigen und stringenten Ausdeutung Platz, die beseelter wirkte.

Nun folgte die große Stunde der ehemaligen Leiter: Raimund Mattern (1963 bis 1998) schlug mit dem Kolping-Marsch von Fritz Schwalbach die verbindende Brücke zum ersten Dirigenten. Jochen Lorenz (1998 bis 2001) konnte beim „Abba“ -Hit „Thank you for the Music“ zu gestalterischem Nachdruck anregen.


Gelesen 11501 mal